
VDSI sieht Vorschlag kritisch aus Sicht des Arbeits- und Gesundheitsschutzes
Karenztage fördern Präsentismus, das Arbeiten trotz Krankheit, und können dadurch sowohl die Gesundheit der Beschäftigten als auch die Sicherheit im Betrieb beeinträchtigen. Wer krank arbeitet, ist weniger leistungsfähig, macht häufiger Fehler und riskiert Folgeerkrankungen. „Anstatt Ursachen wie Überlastung, psychische Belastungen oder ergonomische Mängel zu bekämpfen, verschiebt der Karenztag-Vorschlag die Verantwortung einseitig auf die Beschäftigten“, kritisiert Siegmann. Das widerspricht etablierten Grundprinzipien des präventiven Arbeits- und Gesundheitsschutzes.
Der VDSI plädiert stattdessen für einen konsequent präventiven Ansatz: Gesunde Arbeitsbedingungen, wirksame betriebliche Gesundheitsförderung und vollständige Gefährdungsbeurteilungen – auch psychischer Belastungen – sind zentrale Bausteine, um krankheitsbedingte Ausfälle nachhaltig zu senken. Die internationale Präventionsstrategie Vision Zero dient dabei als strategische Leitlinie: Jeder Unfall, jede Erkrankung ist vermeidbar, wenn Arbeit menschengerecht gestaltet wird.
Auch wirtschaftliche Argumente betrachtet der VDSI differenziert: Hohe Kosten durch Krankheit sind ein reales Thema: Alleine 2023 mussten die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) 76,7 Milliarden Euro für die Entgeltfortzahlung ihrer erkrankten Beschäftigten aufbringen. Doch die nachhaltigere Entlastung liegt in wirksamer Prävention und guter Arbeitsgestaltung – nicht in der Reduktion sozialer Absicherung. Karenztage setzen das falsche Signal. Aus Sicht des Arbeits- und Gesundheitsschutzes braucht es Vertrauen, Prävention und gesunde Arbeitsbedingungen – nicht finanzielle Sanktionen für Erkrankte.